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25. Lauf im Britzer Garten der Neuköllner Sportfreunde
-Eine Zeitreise durch einen Teil der Berliner Läuferszene-

29.01.2014, Thomas Völzke

Ende 1988 richtete die Verwaltung der Bundesgartenschau 1985 an den LSB Berlin die Anfrage, ob es einen Verein gäbe, der in ihrem Landschaftspark einen Volkslauf ausrichten würde. Fred Behrnsen erhielt von einem LSB-Mitarbeiter -ich meine, dass es Norbert Baron war- den diesbezüglichen Anruf. Natürlich sagten wir sofort die Übernahme eines Laufs zu. Das passte insofern, weil uns die bisherige Ausrichtung des 10-km-Laufs „Sonnenalleemeile“ im Rahmen des Straßenfestes „Singende, klingende Sonnenallee“ nicht mehr möglich war. Die Beteiligung an den Kosten für die Straßensperrungen wäre für uns zu hoch geworden.

Ulrich Franke, Fred und ich setzten uns mit den Verantwortlichen der „Buga 1985“ zusammen. Schnell war der Vertrag zur Ausrichtung des 1. Bugalaufs geschlossen. Uli maß eine 5-km-Runde aus. Es waren exakt 5019 m. Die 10-km-Läufer hätten demnach 38 m mehr zu absolvieren. Fred beließ es mit den Worten „Wer 10.000 m laufen will, soll auf die Bahn gehen.“ bei der Strecke mit Start und Ziel an der gleichen Stelle (ca. 70 m vom Kinderspielplatz am Eingang Tauernallee).

Der 16. September 1989 war der Termin für den ersten Bugalauf über 5 und 10 km. Die Verwaltung stellte uns Materialien wie Baustellengewichte für die Streckenabsperrungen, den Zielbereich und die Kilometerbeschilderungen, Marktstände für unsere Startkartenausgabe und große Sonnenschirme zur Verfügung. Um 10 Uhr begannen wir mit den Aufbauarbeiten. Um 16 Uhr sollte der Start erfolgen. Wir wurden ab 14.30 Uhr von den Läufern Berlins an den Meldetischen nahezu überrannt. Die Zahl der Nachmeldungen war so groß, dass der Lauf 25 Minuten später gestartet werden musste. 622 Teilnehmer kamen bei der Premiere ins Ziel, davon 131 über 5 km.
Sieger im 10-km-Lauf wurden Ingo Sensburg in 30:54 min. und Barbara Schulin in 40:02 min. Weitere Teilnehmer waren unter anderem Burkhard Schikora, Burkhard Frisch, Olaf Baumgart, Michael Mogilka, Stefan und Matthias Friemer, Wilfried Jakisch, Axel Westermann, André Cibis, Jens Bagehorn u. v. m. Prominenteste Frau war Angelika Brandt, eine der ersten deutschen Marathonläuferinnen (Bestzeit: 2:49 Std.).
Übrigens: Der Teilnehmer Andreas R. Bergmann lief exakt 40:00 min. Was daran erwähnenswert ist? Nun, diese Zeit reichte lediglich für den 75. Platz. Jetzt kann man sich vorstellen, was alles für Tempoläufer dabei gewesen sind. „So soll es sein!“ waren Freds Worte zur Anzahl der Teilnehmer und zur sportlichen Klasse. Auch in den Altersklassen wurden hervorragende Ergebnisse erzielt. Würde es irgendwann einmal wieder so viele ambitionierte Hobbyläufer geben?
Ach ja, und dann war noch ein weiterer Sportler über 10 km dabei: Andreas Lehmberg. Ein Jahr später konnte auch er deutlich unter 40 Minuten bleiben.

Die Siegerehrung fand unter dem überdachten Bereich hinter der Tennishalle in Anwesenheit unseres damaligen Vereinspräsidenten Günter Melchert († Frühjahr 2012) statt. Die gesamte Veranstaltung wurde, wie auch in vielen Folgejahren, exzellent moderiert von Marco Guhl. Mit Einbruch der Dunkelheit war alles abgebaut, die Helfer konnten entlassen werden. Was für ein Auftakt!

In den Folgejahren konnte sich die Veranstaltung, jetzt mit dem Namen „Lauf im Britzer Garten“, in der Berliner Laufszene etablieren. Und es waren Läufer dabei, deren Namen heute schon viele nicht mehr kennen: Michael Markowiak, Peter Spahn, Jan Diekow, Samir Azzawi, John Kunkeler, Franz Feddema, Rudolf Jörg von Grot, Reinhold Happersberger, Stephan Dupke, Manfred Dehmel, Ralf Bochröder, Maria Rook, Susann Rubel, Gisela Varrelmann, Anna Scholtyssek, Heidrun Ache-Ebelt, Annette Wolfrom sowie natürlich die Ausnahmeläuferin Kerstin Pressler. 1990 lief sie nach 33:29 min. ins Ziel. Bei diesem Lauf gewann der tschechoslowakische Läufer Josef Rajtr in 30:48 min.

Die 32:57 min. von NSF-Läufer Martin Aschenbrenner reichten bei diesem Lauf lediglich für den neunten Platz. Auch die Altersklassen waren stets gut besetzt. NSF’er Egon Staacks kam 1996 mit 43:55 min. als 59-Jähriger in der AK M55 nur auf Rang 15. Der Sieger Horst Heilmann hatte 37:20 min. zu bieten. Und dann gab es noch einige laufende Ehepaare wie Michael und Christl Heine, Dietmar und Imke Klocke, Gunnar und Elke Barber, Dietmar und Monika Liedtke, Reinhard und Regina Kreis.

Uwe König vom SCC stellte 1995 mit 30:16 min. die Bestzeit bei den Männern auf. Spannend ging es 1994 zu. Michael Mogilka, Burkhard Frisch und NSF-Läufer Thomas Lüdtke drückten bei warmen 23 Grad von Anfang an aufs Tempo. Nach der ersten Runde waren sie noch zusammen. Thomas konnte sich schließlich durchsetzen und kam in 31:42 min. mit fünf Sekunden vor Burkhard ins Ziel. Thomas wurde insgesamt fünf Mal Sieger unseres Laufs über 10 km. Gut, mag der geneigte Leser anmerken, wenn er halt ein schneller Läufer ist... Was ist schon dabei, dann auch zu gewinnen? Er ist nicht nur ein ausgezeichneter Sportler gewesen, sondern stets auch ein unermüdlicher Organisator unserer Veranstaltungen. Thomas half immer bei der Vorbereitung, zog sich kurz vor dem Start um, lief und wirkte nach dem Lauf unter anderem an der Erstellung der Ergebnisliste mit.

Jeweils drei Mal konnten Annette Wolfrom, Kerstin Pressler, Sylvia Renz und Kerstin Löffke die 10 km für sich entscheiden. Letztgenannter gelang das, was man im Fußball einen Hattrick nennt. Sie siegte 1997, 1998 und 1999.

Es gab noch viele interessante Läufe mit knappen Entscheidungen. Ein weiteres Beispiel hierfür ist der 5-km-Lauf vom 10.9.1994: 1. Holger Klingberg in 17:01 min, 2. Winfried Schumann in 17:02 min., 3. Karsten Laborn in 17:05 min., 4. Alexander Gehrmann in 17:06 min.

1995 nahmen wir erstmals einen Kinderlauf für D-Schüler über 1 km ins Laufprogramm auf. Das war eine gute Entscheidung. Im Jahr 2008 konnten wir den bisherigen Teilnehmerrekord mit 83 Kindern im Ziel verzeichnen.

Nun bringt der September meist die letzten warmen Sommertage mit sich. Das bedeutet für den Britzer Garten, dass entsprechend viele Besucher in den Park kommen. Es häuften sich nach unseren Volksläufen die Beschwerden von Parkbesuchern an die Verantwortlichen von „Grün Berlin“ über Konfrontationen mit Läufern und Helfern. Die Verwaltung drängte uns zu einer Terminverlegung auf einen Vormittag. 2002 mussten wir, weil wir beim LSB und BLV schon den Septembertermin festgelegt hatten, den Lauf absagen. So erklärt es sich, dass der 25. Lauf nicht im Jahr 2013 stattfand.

2003 richteten wir unsere Veranstaltung erstmals an einem Sonntagvormittag im März aus. Start und Ziel waren direkt am Eingang Sangerhauser Weg. Die Zahl von 276 Zieleinläufern war für uns enttäuschend. Aber schon 2004 ging es wieder bergauf: 415 Teilnehmer wurden im Ziel registriert.

Als problematisch in der Streckenführung blieb die Schleife zum Eingang Mohriner Allee. Hier kommen, verstärkt an den Sonntagen durch ein Frühstücksbuffet im Café am See, die meisten Besucher in den Park. Wieder gab es Beschwerden, so dass die Verwaltung uns nach dem Lauf im Jahr 2006 um eine neue Strecke unter Auslassung der rund 800 m zum Eingang Mohriner Allee bat. Die von Uli Franke 1989 vermessene 5-km-Runde konnte es ab 2007 nicht mehr geben. Schmerzlich, dennoch, und so ehrlich mussten wir sein, eine notwendige Entscheidung.

Doch die Verwaltung von „Grün Berlin“ nahm nicht nur, sondern sie gab auch, und das reichlich. Wir erhielten für unseren Volkslauf den Festplatz, welcher sich insbesondere für die Auswertung und die Siegerehrung als ein unschätzbarer Vorteil erwies. Nun maßen wir eine neue Runde über knapp 4,5 km, ausgehend vom Start-/Zielbereich am Festplatz, aus. Eine Einführungsrunde über 1 km, dann zwei Mal die große Runde = 10 km! Wie, nicht exakt 10 km? Das geht doch nicht! Meine Güte, was haben wir gemessen, diskutiert, Streckenteile hinzugenommen, wieder verworfen usw. Für genau 10 km reichte es nicht. Was tun? Wir richteten hilfesuchend unseren Blick zum Himmel. Und siehe, die Hilfe kam. Fred Behrnsen, 2004 gestorben, sprach zu uns: „Wer 10.000 m laufen will, soll auf die Bahn gehen.“ Und er ergänzte: „Trennt bloß nicht den Start- vom Zielbereich! Die müssen zusammenbleiben.“ Es standen nun die Verantwortlichen ehrfürchtig da und sagten: „Ja, dann werden wir halt mit 50 Metern weniger leben“.

2007 gab es für unseren Lauf zur Hundertjahrfeier unseres Vereins also eine geänderte Strecke sowie neue Orte für das Auswertungsbüro und den Bereich für die Siegerehrung. Und alles war und ist noch heute für Läufer, Zuschauer und Helfer ein Gewinn.
So ging es an die Ausrichtung des Laufs im Jahr 2007. Die Leichtathletikabteilung hatte sich angesichts des Vereinsjubiläums besonders „herausgeputzt“. Zu unserer Veranstaltung im Britzer Garten kam Prominenz, unter anderem Hochsprungweltmeister Martin Buß, Andre Niklaus, U 23 Europameister im Zehnkampf, Hallenweltmeister im Siebenkampf, der Journalist Werner Sonne, Neuköllns Sportstadtrat Wolfgang Schimmang, Violetta Barkusky-Fuchs, Vorsitzende des Neuköllner Sportausschusses, Reinhard von Richthofen-Straatmann, Präsident des BLV, Peter Hanisch, Präsident des LSB sowie SCC-Legende und Gründer des Berlin-Marathons Horst Milde. Die Moderation an der Strecke erfolgte durch Marco Guhl, der auch die Prominenten für das Publikum interviewte. Seine Frau Marion gestaltete mit Sven Stöcklein und meinen Familienangehörigen publikumswirksam die Siegerehrung. Und NSF-Kassenwart Dieter Eifler unterhielt Läufer und Zuschauer an der Strecke als „Diddi mit der Orgel“. NSF-Präsident Detlef Oeffner war am Ende des Laufs begeistert: „Dass unser Verein so etwas Großes zustande bringt, zeigt, dass wir außergewöhnliche Mitglieder haben!“
Und so nebenbei bemerkt: es gab eine weitere Steigerung der Teilnehmerzahl. 597 Läufer erreichten die Ziellinie. Die Organisatoren der Veranstaltung waren zufrieden. Nur Fred sah das nicht ganz so euphorisch und ließ „von oben“ verlauten: „Orientiert euch gefälligst an der Teilnehmerzahl von 1989!“

Ab 2008 war dann Andreas Lehmberg (genau der, der 1989 und 1990 mitgelaufen war) der Organisationschef. Für ihn ging es unter anderem um die Realisierung der Zielvorgaben von Fred. 2012 lief Alexander Hunger mit 39:59 min. über 10 km auf den 75. Rang. Es wurde also im vorderen Läuferfeld wieder ordentlich Tempo gemacht. Ja, ich weiß, es sind nicht die identischen Strecken. Dennoch, der Trend stimmte. Und 2013 kamen 676 Läufer ins Ziel; der Anfangswert von 1989 war „geknackt“. Wir stellten uns einfach vor, dass sowohl Fred als auch der im Sommer 2007 gestorbene Uli Franke auf ihrer „Sportlerwolke“ mit den Nachfolgern bei NSF zufrieden waren.

Mit den Jahren geht mein Blick auch auf die vielen Sportfreunde zurück, die als Helfer an unserer Seite standen. Niemand ist aus dem Sinn, auch wenn sie nicht mehr unter uns weilen, wie z. B. Erich und Gerda Albrecht, ihre Tochter Karin Küver, Michael Peycke, Kurt Sobota, Klaus-Peter Neumann, Werner Schöbel, Jürgen Stobernack und Wolfgang Zieger. Ich bin versucht, hier die Namen all der phantastischen Helfer zu nennen. Viele bekomme ich zusammen, aber die Gefahr, dass ich einige in der Aufzählung doch übersehe, ist zu groß. Danke an Euch alle, die sich für uns engagiert haben. Ich grüße Euch mit diesen Zeilen, auch wenn es schon lange keinen Kontakt mehr zwischen uns gab.
Einen möchte ich aber doch erwähnen. Es ist Peter Märtins. Er war derjenige, der sich um das erste PC-Programm (geschrieben von Stephan Solbrig vom BSV 92) für unsere Laufauswertung kümmerte. Peter deckte damals einen großen Teil unserer „PC-Pionierarbeit“ ab. Dass diese inzwischen wesentlich erweitert wurde, ist wiederum Thomas Lüdtke zu verdanken. Er hat von Jahr zu Jahr die Möglichkeiten der Datenerfassung und Auswertung verbessert. Dazu gehört auch seit kurzem der Einsatz der Zeitmessanlage. Und bedanken möchte ich mich auch im Namen des Vereins bei den Verantwortlichen für den Britzer Garten, Frau Kleuvers und Frau Goertz sowie für die Anfangsjahre bei Herrn Dr. Kubitz, Frau Glücklich und Frau Czerson.

Käme jetzt die gute Fee daher und gestattete mir drei Wünsche für unseren Lauf im Britzer Garten, dann wäre die Antwort klar:

  1. Die Verantwortlichen für den Britzer Garten mögen uns gewogen bleiben, den Park für die Volksläufe weiter zur Verfügung stellen und uns bei der Organisation unterstützen.
  2. Dann wünsche ich mir, dass es bei den Neuköllner Sportfreunden stets Ehrenamtliche gibt, die trotz aller Mühen die Ausrichtung des Laufs übernehmen und dabei genügend Helfer akquirieren können.
  3. Schließlich soll der Laufsport weiter seine Bedeutung in Berlin und Deutschland behalten, so dass der Lauf im Britzer Garten seinen festen Platz in der Läuferszene behält.

Ich hoffe, dass ich bei der Sichtung der Unterlagen alles richtig mit meinen Erinnerungen verknüpft habe und so den Leser informieren und unterhalten konnte. Nun wünsche ich allen Teilnehmern für den 2. März 2014 einen guten Lauf im Britzer Garten. Die Neuköllner Sportfreunde und die Freunde der Neuköllner Sportfreunde werden wie immer ihr Bestes für eine gelungene Veranstaltung geben.

Thomas Völzke
(Organisator der Läufe bis 2007)

Die zehn besten Zeiten der Siegerinnen über 10 km:

Zeit
Name Verein
Jahr
33:29 min
Kerstin Pressler NSF Berlin
1990
34:15 min
Kerstin Pressler NSF Berlin
1992
34:45 min
Annette Huels Bayer Leverkusen
1993
35:07 min
Kerstin Pressler NSF Berlin
2000
37:01 min
Imke Klocke Post SV Berlin
2001
37:05 min
Susanne Brema NSF Berlin
2004
37:07 min
Monika Liedtke BSBV
1996
37:51 min
Kerstin Löffke BSC Rehberge
1997
37:53 min
Annette Wolfrom OSC Berlin
2003
37:59 min
Julia Pahnke LAC Berlin (NSF)
2013

 

Die zehn besten Zeiten der Sieger über 10 km:

Zeit
Name Verein
Jahr
30:16 min
Uwe König SCC Berlin
1995
30:48 min
Josef Rajtr Tschechoslowakei
1990
30:54 min
Ingo Sensburg OSC Berlin
1993
31:22 min
Richard Nifah Ohne Vereinsangabe
2000
31:31 min
Jan Diekow Berliner TSC
1993
31:39 min
Jonas Engler LG Süd Berlin
2013
31:42 min
Thomas Lüdtke NSF Berlin
1994
31:44 min
Thomas Lüdtke NSF Berlin
1998
31:45 min
Michael Markowiak NSF Berlin
1991
32:01 min
Christian Krannich LAC Berlin (NSF)
2008


Ansturm am Meldestand 1989


Siegerehrung 1989 mit Günter Melchert, Marco Guhl und Doris Grellmann


Kerstin Pressler auf dem Weg insZiel...


...unter stets wachen Augen von Fred Behrnsen


Beim Jubiläum 2007:
der damalige Abteilungsleiter Wolfgang Rissmann
mit Peter Hanisch und Werner Sonne


Beim Jubiläum 2007:
Siegerehrung mit Sportstadtrat Schimmang


...fleißig unterstützt von "Diddi mit der Orgel"